Einfallsreiche Neuheiten: In der Zeit 1852 und 1853 erfand Alfred Krupp aus Essen den nahtlosen Radreifen, ein geschmiedetes Stück Stahl, mittig gespalten, ringförmig auseinandergetrieben, gereckt und gewalzt. Die drei Ringe im Symbol der Firma ThyssenKrupp erinnern daran.
Der Schweizer Anatole Mallet baute 1876 die erste Verbundlokomotive. Vorbild war die Verbundtechnologie bei stationären Dampfmaschinen. Die erste deutsche Lok dieser Art kam 1880 von August von Borries. Den technologischen Durchbruch hierfür erzielten die beiden Franzosen Alfred de Glehn und Gaston du Bousquet: Zwei Hochdruckzylinder treiben die hinteren und zwei Niederdruckzy linder die vorderen Treibräder an. Solche Loks kommen mit einem Viertel weniger Kohle aus als üblich.
Der Heißdampfkessel brachte die Entwicklung erneut weit voran: Wurde der Dampf vor 1906 lediglich auf etwa 180 Grad Celsius erhitzt, trifft er nunmehr mit 400 Grad Celsius komprimiert auf die Zylinder. Das machte Lokomotiven noch leistungsfähiger.
Im Kaiserreich schritt die Industrialisierung recht rasch voran: Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, hatte das Deutsche Reich nicht nur den bisherigen Rückstand aufgeholt, sondern sich auch zur Wirtschaftsmacht gemausert. Zuvor landwirtschaftlich geprägt, war es nun ein Industriestaat mit Fabriken und Großstädten.
Zahlreiche Fabrikgründungen an Bahnknotenpunkten zeigen, wie eng Bahn und Industrialisierung verzahnt waren: Die Nähe zum Güterbahnhof gab oft den Ausschlag für die Standortwahl. So wurde die Eisenbahn zum Motor der Industrialisierung.
Alle großen deutschen Länder hatten eigene Bahnlieferanten. Schon 1841 starteten Borsig in Berlin, Maffei in München und die Maschinenbaugesellschaft Karlsruhe als erste die Fertigung. Weitere Hersteller folgten, wie in der Tabelle dargestellt ist.
Bis 1945 hatten sie zusammen rund 140 000 Loks gefertigt. Damit war der Lokomotivbau wirtschaftlich ähnliche bedeutend wie heute die Automobilproduktion.
1871: Gründung des Deutschen Kaiserreiches im Spiegelsaal von Versailles
1876: Graham Bell reicht seine bahnbrechende Erfindung des Telefon zum Patent ein
AUFZÄHLUNG BEDEUTENDER LOKOMOTIVBAUFIRMEN | GEBAUTE LOKOMOTIVEN | ZEITSPANNE LOKOMOTIVBAU |
BORSIG (BERLIN) ab 1931 Zusammenschluss mit AEG | 16 000 | 1841 – 1945 |
MASCHINENBAU-GESELLSCHAFT KARLSRUHE | 2 300 | 1841 – 1929 |
J. A. MAFFEI (MÜNCHEN) 1931 Fusion mit der Fa. Krauss, Krauss-Maffei AG, heute Siemens AG | 5 900 | 1841 – 1931 |
HANOMAG (HANNOVER-LINDEN) | 10 565 | 1846 – 1930 |
MASCHINENFABRIK ESSLINGEN | 6 000 | 1846 – 1966 |
SÄCHSISCHE MASCHINENFABRIK (CHEMNITZ) | 4 700 | 1848 – 1928 |
HENSCHEL (KASSEL) Bombardier | 33 000 | 1848 – 1987 |
STETTINER MASCHINENBAU AG „VULCAN“ (STETTIN) | 4 000 | 1858 – 1928 |
SCHICHAU (ELBING) | 4 300 | 1860 – 1945 |
LINKE-HOFMANN (BRESLAU) | 3 175 | 1861 – 1929 |
L. SCHWARTZKOPFF, SPÄTER BERLINER MASCHINENBAU-ACTIEN-GESELLSCHAFT | 13 500 | 1867 – 1945 |
LOCOMOTIVFABRIK KRAUSS U. COMP (MÜNCHEN) 1931 Fusion mit der Fa. Krauss, Krauss-Maffei AG, heute Siemens AG | 8 500 | 1867 |
HAGANS (ERFURT) | 1 251 | 1873 – 1928 |
HOHENZOLLERN AG FÜR LOKOMOTIVBAU (DÜSSELDORF-GRAFENBERG) | 4 700 | 1874 – 1929 |
ARNALD JUNG LOKOMOTIVFABRIK (JUNGENTHAL BEI KIRCHEN/SIEG) | 14 200 | 1885 – 1981 |
FRIEDRICH KRUPP GMBH (ESSEN) ab 1994 Siemens AG | 5 300 | 1919 – 1997 |